Kaffee Zitrone - Rebellion in der Tasse
Kaffeehäuser sind nicht mehr, was sie mal waren
30.01.2025 20 min
Zusammenfassung & Show Notes
Kaffee ist nicht nur ein Getränk, sondern eine Lebenseinstellung – zumindest in der neuesten Episode des Schalltrichter-Podcasts. Thomas Speck nimmt uns mit auf eine Reise in ein Café, das sich irgendwo zwischen Konzeptkunst und Instagram-Klischee verirrt hat, nur um dort eine ganz unerwartete Revolution auszulösen: den „Kaffee mit Zitrone“. Was wie ein zufälliger Bestellfehler klingt, entpuppt sich als stiller Protest gegen die glatte Oberflächlichkeit unserer Zeit.
Mit ironischem Augenzwinkern und einer Prise Gesellschaftskritik skizziert Thomas eine Szene, die so lebendig ist, dass man die Influencer fast knipsen hören kann. Doch es geht um mehr als Latte-Art und stylische Ziegelwände: Es geht um Echtheit in einer Welt, die oft nur Kulisse ist. Der „Kaffee mit Zitrone“ wird zum Sinnbild für jene kleinen Akte der Selbstbehauptung, die das Leben bitter, sauer – und absolut authentisch machen.
Ein Hörgenuss für alle, die sich nach dem Duft von echten Geschichten sehnen, während sie sich durch die glitzernde Filterwelt des Alltags navigieren. Setzt euch, nehmt einen Schluck – und rebelliert mit Stil.
Mit ironischem Augenzwinkern und einer Prise Gesellschaftskritik skizziert Thomas eine Szene, die so lebendig ist, dass man die Influencer fast knipsen hören kann. Doch es geht um mehr als Latte-Art und stylische Ziegelwände: Es geht um Echtheit in einer Welt, die oft nur Kulisse ist. Der „Kaffee mit Zitrone“ wird zum Sinnbild für jene kleinen Akte der Selbstbehauptung, die das Leben bitter, sauer – und absolut authentisch machen.
Ein Hörgenuss für alle, die sich nach dem Duft von echten Geschichten sehnen, während sie sich durch die glitzernde Filterwelt des Alltags navigieren. Setzt euch, nehmt einen Schluck – und rebelliert mit Stil.
Abonniere diesen Podcast und hinterlasse eine Bewertung oder Rezension.
Spotify: https://open.spotify.com/show/0kstD0qNhpu8MnTZN9YUsL?si=5c9ab85a8896447d
Apple: https://podcasts.apple.com/at/podcast/der-schalltrichter/id1572332019
Youtube: https://www.youtube.com/@der.schalltrichter.podcast
Teile "Der Schalltrichter" auch mit Freunden und Familie!
Ich freue mich auf einen Besuch und Follow:
Der Schalltrichter: https://www.der-schalltrichter.at/
Bluesky: https://bsky.app/profile/der-speck.bsky.social
Mastodon: https://mastodon.social/@der_speck"
Unterstützen (Du brauchst KEIN eigenes Paypal-Konto!): https://www.paypal.com/donate/?hosted_button_id=7EFRG23YJXE9E
Danke! Euer Thomas
Spotify: https://open.spotify.com/show/0kstD0qNhpu8MnTZN9YUsL?si=5c9ab85a8896447d
Apple: https://podcasts.apple.com/at/podcast/der-schalltrichter/id1572332019
Youtube: https://www.youtube.com/@der.schalltrichter.podcast
Teile "Der Schalltrichter" auch mit Freunden und Familie!
Ich freue mich auf einen Besuch und Follow:
Der Schalltrichter: https://www.der-schalltrichter.at/
Bluesky: https://bsky.app/profile/der-speck.bsky.social
Mastodon: https://mastodon.social/@der_speck"
Unterstützen (Du brauchst KEIN eigenes Paypal-Konto!): https://www.paypal.com/donate/?hosted_button_id=7EFRG23YJXE9E
Danke! Euer Thomas
Transkript
>> Thomas Speck: Abonnier mich, sagt der Podcaster, kaum
dass du Play gedrückt hast. Aber Moment
mal, Champ. Lass mich erst beweisen, dass ich dich
mit meinem Kaffee zitrone Urknall nicht zum
Wegrennen bringe. Hör erstmal rein. Vielleicht bleibt die
Welt ja tatsächlich stehen. Und dann können wir
immer noch übers Abonnieren und Unterstützen
reden. Gute Unterhaltung und einen Schluck
guten Kaffee dazu.
Es gibt Momente, da denke ich, mein Café
ist mehr als nur ein Ort. Es ist mein
kleiner Konzertsaal. Ein Raum, der
atmet, summt und lebt und mit
seiner eigenen Musik erklingt, während draußen
die Welt in ihrem grauen Tritt verharrt.
Die Luft duftet frisch nach gemahlenem Kaffee,
erdig verführerisch. Ein Hauch
von Zimt und Karamell schwingt darin mit, als
würde er ein Versprechen flüstern, das niemand so
recht versteht. Die Einrichtung
hier ist eine sorgfältig kuratierte Mischung aus
Kreativität und Chaos. Die
Wände, rohe Ziegel von Kletterpflanzen
gesäumt, erzählen Geschichten, von denen niemand
weiß, ob sie wirklich basiert sind oder nur im Kopf
des Dekorateurs existieren.
Die Lampen über den Tischen sind aus recyceltem
Metall, und sie werfen ein Licht, das dich fast
vergessen lässt, dass du dich in einer Stadt
befindest. Es gibt Bücherstapel, die
nie gelesen werden, Notizbücher, die niemals
vollgeschrieben werden, und Laptops, die sich
ausruhen dürfen, während ihre Besitzer von einer
besseren Welt träumen.
Der Schalttrichter
Alltagsironie trifft Tiefsinn
von und mit eurem Man im Black des
Alltags. Thomas Speck
die Gäste sind eine Parade des modernen
Lebens. Der Mann in der Ecke,
der mit seinem Biomandel Latte
rührt gerade den Sinn des Lebens um. Ÿousand,
die Frau am Laptop, schreibt einen Bericht über ihre letzten
Startup Trades. Und dann die Influencerin in
der Ecke, die meine Latte Art
fotografiert, was mich schon stolz macht.
Hier bei mir findet echtes Leben
statt. Und ich, ich
bin ihr Barista, der Dirigent
dieses Orchesters. Meine Bewegungen sind
präzise, fast tänzerisch, aber
ohne Anstrengung.
>> Thomas Speck: Zweitausendein.
>> Thomas Speck: Die Espressomaschine ist meine erste Geige. Die
Stradivare des Kaffees, der Milchschaum
meine Streicher, und die Kaffeekultur ist meine
Symphonie. Ich habe gelernt,
still zu sein, aber immer da.
Sie nennen mich den Besten, und ehrlich
gesagt widerspreche ich nicht. Ich weiß nicht, ob es
wahr ist oder nicht, aber das spielt nicht wirklich
eine Rolle, solange alle daran glauben.
Und dann trittst du ein.
Nicht wie die anderen, nicht
laut, nicht blendend,
sondern fast zögernd.
Ich merke es sofort, denn ich sehe
alles. Du bist nicht hier, um
gesehen zu werden. Du bist hier, um etwas
zu finden. Was genau, weiß ich noch
nicht. Aber ich bin neugierig. Du hast diese
Aura um dich. Etwas Eigenwilliges.
Etwas, das nicht in eine dieser hübschen kleinen
Schubladen passt, die ich für meine Gäste habe.
Ich weiß, wer du bist. Es ist nicht schwer zu
erkennen. Dein leicht zerzauster Schal, der
genau diese richtige Mischung aus Bohème und
habe ich diese Woche im Bücherregal gefunden
ausstrahlt. Deine Augen, die
ständig auf der Suche nach dem nächsten Gedankenblitz
sind. Und natürlich das Notizbuch unter
deinem Arm, in dem vermutlich entweder die Lösung
für die Weltenformel oder dein letztes Essay
geschrieben steht. Ein Schriftsteller,
ein Denker und vor allem ein
Beobachter. Und wie ich erkenne,
jemand, der das schräge im Leben liebt.
Warum ich das alles weiß? Nun, als
Barista lernt man, Menschen zu lesen.
Manche bringen dir Bestellungen, die schreien nach ich
habe einen Lebensratgeber gelesen und bin jetzt ein
besserer Mensch. Andere nippen an ihrer
Sojalatte und kritzeln Namen für den nächsten
Start up Podcast auf die Servietten. Egal,
wie sie sich geben, hier bei mir werden sie alle schnell
durchschaut. Und dann bist da
du. Du passt nicht hierher. Das spüre ich
sofort. Nicht, weil du störst. Nein. Nein,
das ist es nicht. Aber du bist wie ein Stück Treibholz
inmitten einer makellos geordneten
Architektur. Antiquiert,
unbehauen, unlackiert.
Es ist, als ob du versehentlich in die falsche Epoche
geraten wärst. Und tatsächlich stammst du aus einer
Zeit, in der Cafés noch nach Rauch und
Geschichten rochen, nicht nach Oat, Milk Chai und
ambitionierten Selbstverwirklichungen.
Ich stelle mir vor, wie du in einem dieser Cafés sitzen
würdest, die es früher gab. Dunkles Holz,
marmorierte Tische, eine Kellnerin, die ihre
dritte Zigarette in einer halben h raucht.
Dort würdest du perfekt hineinpassen, mit deinem
zerzausten Schal, der ein bisschen zu viel Charakter
hat. Und deinem Notizbuch, das aussieht, als
hättest du es schon dreimal durchlebt und nicht nur
beschrieben. Aber hier.
Hier wirkst du wie ein Fremder, ein
Störenfried. Nicht laut, aber
hartnäckig. Als wäre deine Anwesenheit
ein stiller Protest gegen den
Zeitgeist. Ich sehe, wie die
anderen Gäste kurz aufblicken. Ihre Augen
verweilen einen Moment zu lange auf deinem
Schal und deinem wachen, suchenden Gesicht.
Ihr Blick ist nicht böse, eher ein leises
Unverständnis. Als wärst du eine Seite aus einem
Buch, das sie nicht lesen können.
Und du. Du spürst es.
Dein Blick schweift. Deine Schultern spannen sich
leicht. Du bist anwesend, aber nicht
wirklich hier, und das weißt du.
Du trittst an die Theke. Deine Bewegungen
haben eine leicht deplatzierte Unsicherheit, aber
sie wirken auf ihre eigene Art doch entschlossen.
Ich sehe dich an. Die Frage auf den
was darf denn sein? Meine Stimme ist ruhig,
routiniert, weil ich das bin. Der Typ, der schon
alles gehört hat. Glaubte ich
zumindest. Dann
sagtest du es. Einen Kaffee
mit Zitrone. Für
einen Moment. Hält die Zeit an?
Nein, wirklich. Ich höre das Zischen der
Espressomaschine nicht mehr. Das Murmeln der
Gespräche verstummt. Sogar die Kletterpflanzen
scheinen aufzuhören zu wachsen.
Kaffee mit Zitrone.
Mein Gehirn arbeitet auf Hochtouren, aber da ist
nichts. Kein Rezept, keine Erinnerung,
kein Bild. Es gibt keine Welt,
in der das existiert. Und doch stehst
du hier vor mir, mit einem Gesichtsausdruck, der
keinerlei Zweifel daran lässt, dass du genau
das meinst. Ich wiederhole
es. Natürlich wiederhole ich es.
Nicht laut, nicht sofort. Ich lasse die Worte
erst in meinem Kopf zirkulieren, als müssten sie dort
reifen, bevor ich sie ausspreche.
Kaffee mit Zitrone.
Vielleicht hoffe ich, dass du zurückruderst, aber du
nickst nur langsam und
unerschütterlich. Ich sehe mich
um und merke, dass die anderen Gäste jetzt genauso
gespannt sind wie ich. Es ist, als
hättest du eine schweigende Bombe gezündet.
Ich hebe eine Augenbraue und lasse mir nichts
anmerken. Kaffee mit Zitrone,
wiederhole ich schon wieder, als wäre ich ein Priester, der
ein unerhörtes Geständnis gehört hat.
Doch innerlich bin ich fast entzückt.
Endlich mal ein Kunde mit Charakter.
Einverstanden, sage ich mit einem leichten
schmunzeln, strecke die Brust raus wie ein
Barista Ritter, bereit für diese
Herausforderung. Und dann.
Dann stehe ich da. Und ich weiß, dass dies
kein gewöhnlicher Tag wird.
>> Thomas Speck: Zweitausendein.
>> Thomas Speck: Die Zubereitung wird zur Performance.
Das Messer in meiner Hand fühlt sich an wie ein
Pinsel, bereit, einen Moment zu
verewigen, drauf und dran, mein
Meisterwerk zu beginnen. Die
Zitrone, frisch importiert aus
Sizilien, wird zum Star des
Moments. Zeste fällt wie ein
goldener Konfetti auf das Brett. Der Espresso rinnt
schwarz und stark in die Tasse. Dann der
Zitronensaft. Ein paar Tropfen,
nur ein Hauch. Genug, um den Kaffee in
etwas Unerhörtes zu verwandeln.
Als Finale drapiere ich die Zitronenscheibe,
leicht geneigt, wie einen Sonnenhut auf einem
tropischen Cocktail. Mit einer
schwungvollen Geste stelle ich die Tasse vor dir ab.
Hier, mein Herr. Ein Kaffee Zitronen,
exklusiv für sie kreiert. Die
anderen Gäste starren dich an. Einige mit
echtem Interesse, andere mit einer skeptischen Neugier
von Leuten, die heimlich hoffen, dass es ein Desaster
wird. Du nimmst einen Schluck,
dein Gesicht bleibt unergründlich.
Für einen Moment herrscht Stille, und
dann nickst du langsam. Und das ist
unerwartet. Genau wie das Leben,
nicht wahr? Ein Rollen geht
durch das Café. Irgendwo knipst ein
Influencer das erste Bild. Kaffee
Zitron wird am nächsten Tag wohl viral
gehen. Aber für mich. Für
mich ist das der Tag, an dem das Leben seinen Humor
zurück ins Café brachte, in Form eines
schrulligen Schriftstellers, der mehr Kreativität in
eine Tasse Kaffee steckte als ein ganzes Influencer
Kollektiv in seine Instagram Posts.
Es gibt keine gescheiten Kaffeehäuser mehr.
Keine Orte, an denen man stundenlang sitzen konnte,
ohne dass einem ein perfekt gestylter Barista
alle 2 Minuten fragend in die Augen blickte, ob
man nicht noch einen Flat White bestellen
möchte. Früher waren Cafés
Rückzugsorte, ja fast schon
Refugien. Orte, an denen die
Zeit stehen blieb und Geschichten geboren
wurden. Dunkles Holz, schwere
Möbel, Tische mit marmorierten Oberflächen, die
von unzähligen Ellbogen glattpoliert
waren. Die Luft war erfüllt von einer Mischung aus
starkem Kaffee, Zigarettenrauch und den
leisen Gesprächen der Gäste, die alle bedeutende
Dinge diskutierten. Ein Ort, an dem
der Duft der Bohnen nicht von Zimt,
Karamell oder, Gott bewahre,
Hafermilch überlagert wurde, sondern
nach Kaffee roch. Einfach nach
Kaffee. Ich erinnere mich noch gut
an diese Orte. Sie hatten Charakter.
Die Kellner, immer ein bisschen mürrisch, aber
zuverlässig, trugen gestärkte Schürzen und die
Gäste sahen aus, als hätten sie nichts eiligeres zu tun,
als dem Leben eine kurze Pause zu gönnen.
Nichts an diesen Orten war glatt oder perfekt,
aber alles war echt. Zweitausendein früher saß man an
Tischen, die Geschichten erzählten von verschütteten Tassen
und stummen Zigaretten. Heute sitzt man an
Möbeln, die aussehen, als hätten sie noch nie jemandem
gedient. Heute ist alles neu,
steril und seelenlos.
Jetzt gibt es nur noch diese überstylten Concept
Cafés, die aussehen wie die Seiten aus einem
Möbeldesign Katalog und die latte Art
wichtiger nehmen als den Kaffee selbst.
Aber gut, hier bin ich. Das
Leben zwingt mich in dieses glattpolierte
schickimicki Ambiente, und ich weiß schon beim
ersten Schritt durch die Tür, dass dies nicht mein Ort
ist. Die Wände sind absichtlich roh
belassen, aber so offensichtlich kuratiert, dass
ich fast lachen muss. Die Pflanzen klettern an
drahtgestellten empor, wie Schauspieler, die sich zu
sehr mühe geben, natürlich zu wirken.
Alles hier, seht her. Wir sind kreativ
und authentisch. Hm? Und doch fühle
ich nichts davon. Ich stehe da
und wo bin ich hier? Es gibt
keinen Kaffee mehr, der einfach nur nach Kaffee
riecht. Stattdessen alles Zimt,
Vanille und irgendeinen Duft, der
verdächtig nach der Parfümwolke einer Influencerin
riecht, die in der Ecke auf ihrem Handy
herumwischt. Der ganze Laden selbst ist
bloß eine Kulisse. Nichts
einzigartiges, bloß Design und
Pseudokunstwerk. Aber das einzige, was ich hier
spüre, ist leere.
Keine Seele, kein
Makel. Alles so glatt,
dass es anstrengend ist. Und die Gäste
machen's nicht besser. Da sitzt ein Typ mit einem
Pappbecher, einem verdammten
Pappbecher, und guckt hinein, als würde
er gleich den Sinn des Lebens darin finden.
Neben ihm eine Frau, die auf ihrem Laptop
herumtippt, wahrscheinlich ein Bericht über ihre
Startup Trades. Und dann die Influencer,
gruselige Wachsfiguren, die ihren Cappuccino
ablichten, als hätten sie gerade ein goldenes
Einhorn entdeckt. Ich
passe hier nicht rein. Das weiß ich. Und sie
wissen es auch. Ihre Blicke,
nun ganz subtil, aber ich sehe das.
Ein kurzes Mustern. Was macht denn der
Typ hier? Spüre ich sie denken.
Mein Schal, der zerzauste, der mir immer wieder
runterhängt, ist ihnen sicher ein Dorn im
Auge. Wahrscheinlich wundern sie sich, warum ich kein
Birkenholzbrett samt darauf
arrangiertem Pumpkin Spice Latter Deluxe mit
Ahornkaramell und einem Hauch von selbstgefälligem
Herbstgefühl in der Hand habe, um es auf Instagram
zu posten. Aber ich lass mir nichts
anmerken. Blick nach vorn. Wenn ich hier schon
fehl am Platz bin, dann wenigstens mit Stil.
Ich schaue auf die Karte. Ein
Albtraum. Mehr Pflanzen als in einem
Biologie Lehrbuch. Flat
White Macchiato mit
Hafermilch.
Blütenhonigphantasie.
Wo bin ich hier gelandet? Ich will
Kaffee, denke ich. Einfach nur
Kaffee. Also gehe ich zur
Theke. Der Barista sieht
mich an, wie Baristas eben gucken. Perfekt
frisiert, mit dieser leichten Überheblichkeit, die
wahrscheinlich Pflicht ist, wenn man in so einem Laden
arbeitet. Was darf sein?
Fragt er mit einem Tonfall, der so routiniert
ist, dass ich ihm fast gratulieren will.
Kaffee mit Zitrone, sage ich.
Und das war's. Game over.
Der Raum hält die Luft an. Für einen Moment
passiert nichts. Wirklich
nichts. Es ist, als hätte ich etwas
gesagt, das in keiner Sprache dieser Welt
existiert. Der Barista
blinzelt einmal und dann noch
einmal. Ich höre das Murmeln der Gespräche
verstummen, spüre die Blicke der anderen Gäste auf
mir. Kaffee mit Zitrone fühlt
sich fast an wie ein kleines Statement. Ein
Protest gegen all das hier, gegen die
Latteart und den Zimtduft, gegen die
glattkalten Oberflächen und die inszenierte
Authentizität. Vielleicht, weil ich
tatsächlich etwas echtes wollte.
Ich begreife, dass Kaffee mit Zitrone vielleicht
ebenso wie ich aus einem anderen Zeitalter
kommt und diese Hippies hier das gar nicht mehr
kennen. Ich straffe meine Schultern,
damit das leidige Geglotze der Leute hier auch
sichtbar an mir abprallt.
Die Augen des Baristas weiten sich, als hätte ich
ihm gerade angeboten, ihm den Mond zu
verkaufen. Kaffee mit
Zitrone? Fragt er, und ich sehe, wie
sein Gehirn verzweifelt versucht, dieses Konzept zu
verarbeiten. Ich nicke.
Ja, genau das meine ich. Ich
weiß, was ich bestelle. Mein Kopf ist
schwer, ein Nebel, der sich nur mit etwas
durchbrechen lässt, das richtig wirkt.
Kaffee mit Zitrone. Ein altbewährtes
Hausmittel. Kein Trend, keine Show, einfach
nur das, was hilft. Und in einer Welt, die alles
inszeniert, will ich wenigstens etwas, das echt
bleibt. Er fängt sich,
zieht die Schultern hoch, setzt ein Lächeln auf.
Einverstanden, sagte er mit diesem Hauch
von Stolz, der mir sagt, dass das jetzt eine
persönliche Herausforderung ist.
Natürlich. Jetzt muss es eine Show
werden. Alles hier ist eine Show.
Ich sehe zu, wie er arbeitet. Er holt die
Zitrone hervor, als wäre sie das kostbarste
Relikt seiner Sammlung. Messer
fliegen, die Schale tanzt, der Espresso
tropft. Heiß schwarz.
Perfekt. Und dann der Moment der
Wahrheit. Ein paar Tropfen Zitronensaft.
Nicht zu viel, nicht zu wenig. Es
ist fast, als würde er einen Heiligenschein um den
Kaffee herum mahlen. Hier, mein Herr,
ein Kaffeetron für sie zubereitet,
sagt er mit einer kleinen Verbeugung, als sei er
ein Künstler, der sein Werk enthüllt.
>> Thomas Speck: Zweitausendein.
>> Thomas Speck: Die anderen Gäste starren, manche
amüsiert, andere skeptisch. Ich
nehme die Tasse, hebe sie an die Lippen und
nippe bitter
sauer, genau richtig.
Zum ersten Mal seit einer Ewigkeit schmecke ich
etwas, das wirklich ist. Fast
so wie früher. Das wird meinem Kopf
guttun. Der Opa sah mich
an, die Augen ein wenig gespannt, als
wartete er darauf, ob sein Werk den richtigen Nerv getroffen
hatte. Nun, das kann er
haben. Ich stelle also die Tasse ab,
nicke langsam und sage das
ist unerwartet. Genau wie das Leben, nicht
wahr? Stille.
Und dann höre ich das Klicken einer
Handykamera. Natürlich
die Influencerin. Ich grinse in
mich hinein. Vielleicht wird das ja der nächste Trend.
Vielleicht auch nicht. Aber für mich
bleibt es dieser eine Moment, in dem ich zum ersten Mal seit
langem das Gefühl hatte, dass etwas hier
echt ist. Vielleicht nicht die Menschen
hier und nicht der Ort, aber dieser eine
Moment. Vielleicht begreifen die Leute
hier irgendwann, dass das Leben manchmal genau
das ein Kaffee mit
Zitrone. Bitter,
sauer und immer genau richtig.
Danke fürs Zuhören. Jetzt kommt dieser
unvermeidliche Moment, das Abo
Dingsbums. Der Punkt, an dem ich sagen
soll, dass du mich abonnieren, liken
oder mit fünf Sternen bewerten sollst. Als hätte dir
das noch nie jemand gesagt. Aber wenn du bis
hierher durchgehalten hast, Ÿousand, weißt du, wie der Hase
läuft. Mach's einfach, bevor du es
vergisst. Und wenn du dir denkst, Wow,
Kaffee mit Zitrone war anders und irgendwie
gut, und du möchtest immer als erster wissen, was als
nächstes kommt, dann melde dich für meine Newsletter
an. Oh, und noch etwas. Wenn du
willst, dass mein Kaffeebecher nie leer wird, kannst du
mir gerne etwas hineinwerfen. Den Link findest du in der
Beschreibung oder auf meiner Website. Zweitausendein.
Bis nächste Woche. Same time, same
station. Euer Thomas.
Feedback geben
Dir gefällt der Podcast und Du möchtest das mal loswerden? Du hast Tipps für neue Themen oder magst über den Inhalt bestimmter Folgen diskutieren? Dann wähle im Formular die jeweilige Episode aus und schreib uns eine Nachricht. Vielen Dank für Dein Feedback!