Der Schalltrichter

Thomas Speck

Liebesbriefe – Als Sehnsucht noch Porto kostete

Briefe schreiben ist altmodisch

13.03.2025 16 min

Zusammenfassung & Show Notes

Es war eine Zeit, in der Liebe nicht mit einem Wisch auf dem Bildschirm begann, sondern mit Tinte und Papier. Worte wurden nicht hastig getippt, sondern mit Bedacht gewählt – denn ein Liebesbrief war eine Investition in die Ewigkeit.

Das Warten auf eine Antwort war keine Qual, sondern ein süßes Hoffen. Vier Tage hin, vier Tage zurück – jeder Brief ein kleines, zerbrechliches Paket voller Sehnsucht, das durch die Hände fremder Postboten reiste. Kein „Gelesen“-Häkchen, nur die leise Hoffnung, dass er wohlbehalten ankam.

Die Mühe lag in den Details: Schönes Briefpapier, eine geschwungene Handschrift, ein wohlüberlegtes „Ich liebe dich“ statt eines vorsichtigen „Ich mag dich“. Ein Mann, der Eindruck machen wollte, schrieb keine Floskeln – er formulierte mit Herz.

Heute leben wir in einer Welt der Schnelllebigkeit. Aber vielleicht lohnt es sich, sich daran zu erinnern, dass wahre Gefühle Zeit brauchen – und manchmal auch ein wenig Porto.

 #Liebesbriefe #Romantik #Nostalgie #Sehnsucht #Handschrift 

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Danke! Euer Thomas

Transkript

>> Thomas Speck: Handgeschrieben, mit Füllfeder und Herzblut. Ein literarisches Werk, nicht einfach eine Nachricht. Damals, als Sehnsucht noch Mühe kostete und nicht in drei Emojis abgehandelt wurde. Bevor du jetzt aber impulsiv auf abonnieren klickst oder mir eine Sofortnachricht mit drei Herzchen schickst, hör dir erstmal diese Episode an. Denn vielleicht fühlt es sich ja gut an, mal kurz innezuhalten. So wie früher, als man sich noch Zeit nahm. Und wenn dir die Folge gefällt, kannst du ja überlegen, ob du den Podcast abonnierst oder mich mit einer kleinen Spende unterstützt. Den Link findest du in der Folgenbeschreibung. Aber erst nach dem Hören. Wir wollen ja nicht übereilt handeln. Der Schalltrichter Alltagsironie trifft Tiefsinn. Von und mit eurem Man in Black des Alltags. Thomas Speck Liebesbriefe. Als Sehnsucht noch Porto kostete. Jeder Tag ohne dich ist wie ein Herbstblatt, das vom Wind getragen wird. Fort von seinem Baum, doch stets sehnend nach seiner Heimat. Ich vermisse dich. Hm, es vergeht kaum 1 Minute, an der ich nicht an dich denke. Jedes dieser Worte wurde gewogen, in Gedanken hin und hergerollt. Ich war dabei, solche Romanzen auf Papier zu schreiben, sogar mit einer Füllfeder. Persönliches schrieb man mit der Hand. Das war einfach gutes benehmen. Das Papier habe ich vor einigen Tagen in der Stadt besorgt. Ja, man konnte damals noch schönes Briefpapier kaufen. Neutral weißes für sachliche Schreiben auf der Maschine. Oder zart pastellfarbene Papiere mit romantischen Drucken darauf. Blumen hab ich gerne gewählt, um meiner großen Liebe zu schreiben. Solche Läden gibt es heut kaum mehr. Bestenfalls bekommt man doch recht Unromantisches bei Pagro. Nun, ich schweife ab. Ich war beim Schreiben von damals. Ich wählte also sorgfältig, fast schon poetisch, meine Worte. Denn wenn sie erst einmal auf dem Papier geschrieben waren, konnte man sie nicht mehr ändern. Es war diese Sorgfalt, mit der man seine Worte wählte, die Briefe, und speziell Liebesbriefe, zu etwas Besonderem gemacht hat. Ich schrieb langsam, bedächtig. Jede Zeile musste genau überlegt sein. Denn ein Brief war ein Abdruck der Seele. Unveränderlich, unumkehrbar. Kein rückgängig Knopf, kein hastiges Nachbessern nach dem Absenden. Einmal geschrieben, war es gesagt, für immer. Darum saß ich oft Stunden über einem einzigen Brief. Ich ersetzte ich mag dich durch ich liebe dich. Weil es eindrucksvoller klang, weil es nach Leidenschaft roch und nicht nach Schulhofschwärmerei. Ich malte mir aus, wie sie ihn lesen würde. Vielleicht in ihrem Zimmer, vielleicht im Licht einer Lampe, mit einem sanften Lächeln auf den Lippen. Sie würde ihn bewahren, ihn wieder und wieder lesen, weil er ein Stück von mir war. Manchmal wurde es ein ganzer Roman. Drei, vier Seiten voller Sehnsucht, voller Erinnerungen an das letzte Treffen, voller Hoffnungen für das nächste. Denn so ein Brief musste reichen für Tage, manchmal Wochen. Vier bis fünf Tage war er unterwegs, von meiner Hand in die ihre. Zwischen uns lagen die Berge der Alpen und fünfundsiebzig km wie der Vogel fliegt. Eine Weltreise damals, die man nicht soeben mit dem Fahrrad machte. Und so wie ich meine Worte wählte, so wählte ich auch meine Schrift. Nicht zu hastig und nicht zu steif. Eine Handschrift, die Charakter hatte, aber gut leserlich war. Eine, die Wärme ausstrahlte, die meine Emotionen trug und die meine Mühe widerspiegelte, die ich mir bei meinem Schreiben gab. Und wenn ich fertig war, las ich das Werk. Wie oft habe ich ganze Seiten neu geschrieben, mein Herz in Tinte gegossen. Dann faltete ich ihn vorsichtig, schob ihn in den Umschlag, befeuchtete den Rand mit meiner Zunge, eine Geste, fast so intim wie ein Kuss. Ich schloss ihn und schrieb ihre Adresse in kunstvollen Buchstaben darauf. Morgen bringe ich ihn zur Post. Und dann. Dann begann das Warten. Niemand, der jünger als 45 ist, kann sich das heute noch vorstellen. Wer will verstehen, dass das Warten auf Antwort nicht nur lange, sondern auch wunderbar war? Man hoffte, glaubte, man wünschte, und war jedes Mal unglaublich aufgeregt, wenn der Postmann klingelte. Ich stellte mir vor, wie mein Brief durch die Straßen getragen wurde, von einem Postboten zum nächsten, wie er in dunklen Fächern lagerte, in Zügen und Lastwagen durch die Lande rollte, ein kleines, zerbrechliches Stück meiner Zuneigung auf einer Reise, die ich nicht kontrollieren konnte. Würde er ankommen? Würde er in falsche Hände geraten? Würde sie ihn lesen? Und mir vier Tage, bis sie ihn erhalten würde. Vier Tage, bis sie mir selbst geschrieben hatte, und weitere vier Tage, bis ihre Antwort bei mir sein könnte. Jeder Tag war eine Prüfung. Der Briefkasten wurde zum Orakel meiner Gefühle. Kein Geräusch der Welt war so verheißungsvoll wie das Klappern des Deckels des alten Postkastens. Wenn nichts kam, schlug mein Herz schwerer. Aber wenn eine Antwort da war, oh, diese Euphorie, diese Aufregung und Nervosität. Das Kuvert wurde sorgfältig aufgeschnitten, langsam, um nur ja nicht den Brief mit durchzuschneiden. Und dann, ein gefaltetes Papier in der Hand, der Duft ihres Parfüms, vielleicht noch dran haftend. Ich öffnete ihn langsam, mit einer Mischung aus Ehrfurcht und Angst. Welche Worte hatte sie gewählt? Wie klangen ihre Gedanken? Ein einziger Satz konnte meine Stimmung für eine ganze Woche bestimmen. So war das damals. Diese Langsamkeit beschränkte sich ja nicht nur auf Briefe. Sie war allgegenwärtig. Sie war ein Teil des Lebens. Man hastete nicht durch die Gespräche, man fällte keine schnellen Urteile. Man wog Worte ab, weil man wusste, dass sie bleiben. Und so hastete man auch nicht durchs Leben damals. Alles, was man tat, ja, selbst ins Kino zu gehen, war mit Langsamkeit verbunden. Wir mussten fast 5 km zu Fuß gehen, um zum nächsten Bus zu kommen, fuhren damit 40 Minuten in die Stadt und liefen dann noch einmal 3 km, um ins nächste Kino zu kommen. Wir blätterten durch die Tageszeitung, das Kinoprogramm sorgfältig studierend. Welcher Film, welches Kino, welche Uhrzeit. Diese Entscheidungen waren nicht in 5 s getroffen. Sie waren wichtig, weil wir wussten, das war kein einfacher Abend, das war ein Ereignis, das Zeit brauchte. Da bedeutete denn auch der Film wirklich noch etwas für uns junge Burschen. Er hat uns noch tagelang begleitet. Und so war das in allen Dingen auch. Ein Streit, ob in einem Brief oder von Angesicht zu Angesicht, war keine unüberlegte Explosion, sondern ein Tanz der Formulierungen, ein Spiel der feinen Klinge. Kein wütendes Tippen auf einer Tastatur, kein wildes hinausbrüllen in ein Smartphone Mikrofon. Nein, ein Satz musste sitzen. Und wenn man wirklich, wirklich enttäuscht war, dann sagte man nicht einfach du bist ein Idiot. Nein, man sagte ich hätte mir mehr von dir erhofft und ließ den anderen damit allein. Das war das Äquivalent zu einem verbalen Erdbeben. Ein Satz, über den man tagelang grübelte. Nun, natürlich war es nicht immer so. Vor allem unter uns Geschwistern krachte es des öfteren gehörig. Dennoch, im Allgemeinen war es eine Zeit, wo selbst Streit auf eine gewisse Weise mit Respekt geführt werden konnte. Denn eine Kränkung ließ sich nicht einfach im Affekt tippen, abschicken und dann hinterher ups, war nicht so gemeint, lol. Nein, man wusste genau, alles, was gesagt oder geschrieben wurde, konnte und würde gegen einen verwendet werden. Deshalb sprach man vorsichtiger, formulierte Klüger. Eine Beleidigung kam nicht als plumpes Idiot daher, sondern als filigran eingewobene Spitze, die sich vielleicht erst beim dritten lesen vollständig entfaltete. Man verletzte mit Stil, weil man wusste, dass der andere die Zeilen immer und immer wieder lesen würde. Und auch in der Liebe zeigte sich diese Hingabe an die Kunst der Worte. So sorgfältig wie man seine Briefe schrieb, so sorgfältig ging man meist auch miteinander um. Nicht nur aus Romantik, sondern weil es selbstverständlich war. Man sprach nicht einfach drauflos, man nahm sich Zeit, ein Gespräch, hörte zu, stellte Fragen. Man konnte sich nicht hinter schnellen Nachrichten oder flüchtigen Emojis verstecken. Wenn man etwas sagen wollte, tat man das mit Bedacht, denn Worte hatten keinen rückgängig Knopf, weder auf Papier noch im echten Leben. Und so wählte man weise. Es war eine Art von Respekt und Höflichkeit, die ich heute so oft vermisse. Ich wollte meine Liebe beeindrucken. Ich wollte ihr gefallen. Und so benahm ich mich auch ausgesucht, höflich und gab mir Mühe. Ich brachte ihr Blumen, aber nicht wahllos irgendeinen Strauß vom Straßenrand, sondern eine einzelne perfekte Rose. Ich hielt ihr die Tür auf, nicht weil es ein Trick war, sondern weil es sich gehörte. Ich achtete darauf, nicht zu hastig zu essen, wenn wir gemeinsam am Tisch saßen, weil ein Gentleman nun mal nicht schmatzt wie ein ungezogener Junge. Ich passte auf, wie ich über andere sprach, denn ein Mensch, der schlecht über andere redet, wurde auch nicht als jemand angesehen, mit dem man gerne zusammen sein wollte. All das war nicht nur Floskeln und oberflächliches Getue. Es war Teil des Spiels, das man spielen musste, wenn man ernst genommen werden wollte. Denn Respekt und Würde war keine Option, es war Grundlage. Man konnte sich keine plumpen Sprüche oder unbeholfene Annäherungsversuche leisten. Ein Mann, der eine Frau für sich gewinnen wollte, musste Charme haben, Geist zeigen, sich etwas einfallen lassen. Man fragte nicht Willst du mit mir gehen? Auf einem dahingekritzelten Zettel. Nein, man machte Komplimente, aber keine leeren Phrasen. Man sagte nicht du bist hübsch. Man Dein Lächeln macht diesen grauen Tag zu einem schöneren. Man schrieb nicht hab dich lieb, sondern ließ es zwischen den Zeilen durchblicken, so dass es beim Lesen aufblühte wie eine verborgene Botschaft. Und es war nicht nur in der Liebe so. Auch Freundschaften hatten einen ganz anderen Klang als heute. Wenn man sich verabredete, dann hielt man sich daran, denn es gab kein Sorry, kann doch nicht Nachricht 5 Minuten vorher. Man wartete aufeinander, denn man wusste, das war eine Verabredung, kein Terminvorschlag, den man noch absagen konnte. Man verabschiedete sich nicht mit einem Daumen hoch Emoji, sondern mit einem freundlichen Händedruck, oder, wenn es sich gehörte, mit einem angedeuteten Kopfnicken, das mehr sagte als tausend getippte Buchstaben. Es war eine Welt, in der Beziehungen gepflegt wurden, weil sie nicht selbstverständlich waren. Man konnte niemanden auf Abruf haben. Man konnte sich nicht hinter Nachrichten verstecken oder ausweichen, wenn etwas unangenehm wurde. Man musste sich zeigen, sich Mühe geben, wirklich anwesend sein. Und auch das war es. Mühe. Alles, was wir taten, war damit verbunden. Ob ich nun einen ganzen Nachmittag damit verbrachte, ins Kino zu gehen, dabei 15 km zu Fuß unterwegs war und das Geld dann gerade noch für eine Cola reichte. Oder ob ich vor dem Rendezvous die schönste Rose beim Blumenladen kaufte, die sie dann die wenigen Stunden, die wir hatten, immer mit sich trug. Und weil Zeit so kostbar war, haben wir sie auch mit Dingen gefüllt, die wirklich wichtig Gespräche, echter Austausch und so manch heimlichen Kuss. Es gab eben keinen schnellen send backen, keine flüchtigen i love you smileys. Jeder Satz war durchtränkt von Bedeutung, weil man wusste, dass der andere ihn bewahren würde. Vielleicht in einer Schublade zwischen den getrockneten Rosen, vielleicht unter dem Kopfkissen oder vielleicht im Herzen. Worte hatten Gewicht, weil wir sie nicht im Staccato eines Maschinengewehres austauschten. Das Leben hatte Gewicht, im Grunde alles, was wir taten. Und das war es, was damals anders war. Wir waren uns dessen bewusst. Wir mussten Zeit haben und wir nahmen uns Zeit. Danke, dass du dir die Zeit jetzt genommen hast. Zeit ist eine Währung, die heute seltener ist als Briefpapier mit Blumendruck. Wenn dir diese Folge gefallen hat, dann abonniere bitte den Podcast, hinterlasse eine Bewertung oder teile ihn mit jemandem, der noch weiß, was es heißt, auf eine Antwort zu warten. Oder mit jemandem, der denkt, dass ein herzchen Emoji eine vollständige Liebeserklärung ist. Vielleicht können wir ihn oder sie ja doch noch überzeugen. Falls du mich unterstützen willst, den Spendenlink findest du in der Folgenbeschreibung und auf der Website. Und wenn du keine Folge verpassen willst, melde dich für den Newsletter an. Keine Sorge, der kommt nicht per Brieftaube. Danke für deine Zeit. Bis nächste Woche. Same time, same station. Euer Thomas. So sorgfältig, gem. So meine Freunde.

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